Es sollen Krokodile im Untergrund von Manhattan leben. Stimmt diese Geschichte oder ist sie ein modernes Märchen?
“Sensation! Alligator spottet in the New York sewers!”
Schlagzeilen wie diese konnte man in den letzten Jahrzehnten in der amerikanischen Presse öfters lesen. Auch in den deutschen Medien wird immer wieder mal von Krokodilen in den Abwasserkanälen oder in den Subway-Schächten von New York berichtet.
Was ist dran an diesen Geschichten? Handelt es sich um wahre Begebenheiten? Oder sind und waren es nur Scherze, Zeitungsenten und Falschmeldungen?
Krokodile in Manhattan: Woher kommt der Mythos?
Die Legende, dass Alligatoren und andere Reptilien-Arten im Untergrund von New York City leben, ist alt. Sehr alt. Wie die New York Times schreibt, gab es bereits 1907 eine Meldung, dass ein Arbeiter von einem Krokodil gebissen wurde. Das sei ein “small gator” gewesen, der in den Abwasserkanälen von New Jersey gelebt habe.
In den 1930er-Jahren gab es weitere Alligator-Meldungen. Die Tiere wurden unter anderem im Bronx River und im Harlem Sewer gesichtet. Diese News regten die Fantasie an. Das Thema “Alligatoren in New York” wanderte so auch in den fiktionalen Bereich: Es gab im Lauf der Jahrzehnte unter anderem mehrere Cartoons, Kurzgeschichten und Filme darüber.
Der Mythos, dass Krokodile in Abwasserkanälen leben, wurde unter anderem durch den Streifen “Die Krokodile” von 1950 genährt. In dem Film siehst du, wie ein kleines Krokodil in den Abwasserkanälen von New York City aufwächst und schließlich groß wird. Der Film war erfolgreich und wurde in viele Länder exportiert, wodurch die Legende von den Krokodilen in Abwasserkanälen weltweit verbreitet wurde.
Und mit den “Teenage Mutant Ninja Turtles”, die angeblich ebenfalls im Untergrund von New York leben, wurde die Legende in gewisser Weise weitergesponnen.
Was ist dran an den Alligatoren-Sichtungen?
Ja, in New York wurden schon mehrfach Krokodile gesehen. Zum Beispiel spazierte 2015 ein Vertreter durch die Bronx; 2001 und 2010 gab es ebenfalls Krokodil-Storys in den Medien. Doch bei keiner Geschichte wurde bestätigt, dass die Tiere tatsächlich aus der Kanalisation kamen. Es galt stets realistischer, dass die Alligatoren und Kaimane von ihren privaten Besitzern ausgesetzt wurden.
Somit: Ja, es stimmt, in New York City sieht man gelegentlich Krokodile. Doch dass sie aus den Abwasserkanälen stammen oder gar in den U-Bahn-Schächten leben, ist bislang unbestätigt. Denn niemand hat bislang ein solche Reptil-Population wirklich im Untergrund gefunden.
Aber es gibt doch Beweisvideos!
Ein Beleg, dass wirklich große Fleischfresser unter den Straßen von Manhattan hausen, soll dieses Video sein:
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Wie zu erwarten war, entpuppte sich das als Fake. Und die vielen Clips auf Youtube zeigen Krokodile, die beispielsweise in den Kanälen von Florida gefunden wurden.
Echte Bilder und Videos von Alligatoren, die in den New Yorker Sewers umherwandern, gibt es bislang nicht.
Alligatoren im Abwassersystem: New York erhebt sie zur Popkultur
Der Mythos von den Krokos, die (angeblich) in der New Yorker Kanalisation leben, ist mittlerweile mehr als nur eine nette Story. Die Schauergeschichte wurde zu einer Popkultur. Es gibt es immer wieder Kunst-Installationen, die das Thema aufgreifen.
So hat man im Oktober 2023 eine Skulptur enthüllt, die einen Alligator auf einem Kanaldeckel zeigt. Das Kunstwerk von Alexander Klingspor wird wohl bis zum Juni 2024 am Union Square stehen. Mehr dazu in diesem Video:
Wurden schon woanders Krokodile in der Kanalisation gefunden?
Es gibt Berichte über Krokodile, die (angeblich) im Abwasser oder in Kanälen leben, in einigen Städten auf der ganzen Welt. Ein bekanntes Beispiel ist das Krokodil, das in der Pariser Kanalisation entdeckt wurde und heute im Vannes Aquarium in der Bretagne lebt.
Zudem berichteten die Medien über Krokodile in Kanälen im Gaza-Streifen und in Sydney, Australien. In Wirklichkeit sind solche Sichtungen jedoch sehr selten. Und in vielen Fällen stellte sich oft heraus, dass es sich nicht um echte Krokodile, sondern um andere Arten von Reptilien oder sogar um Fälschungen handelt. Es ist also wichtig, solche Berichte nicht sofort für bare Münze zu nehmen und sich blind auf sie zu verlassen!
Aber: Wenn man Krokos im Untergrund entdeckt, sind es meistens junge Tiere. Es wird vermutet, dass Menschen, die solche Tiere besitzen, ihre Krokodiljungen in die Toilette spülen. Im Gegensatz zu Säugetieren ertrinken Reptilien selten und überleben deshalb einige Tage in den dunklen Kanälen.
Zudem gibt es immer wieder Berichte von Krokodilen in anderen Gewässern, die die Geschichten von Krokodilen in Kanälen zu bestätigen scheinen. Ein Beispiel war der Kaiman “Sammy”, der in Deutschland für Schlagzeilen sorgte. Er entwischte 1994 seinem Besitzer und wurde mehrere Tage lang in einem Baggersee gesucht.
Ist es eigentlich legal, Krokos als Haustiere zu halten?
In Deutschland ist es nicht erlaubt, Krokodile als Haustiere zu halten. Die Reptilien gelten als gefährlich und es gibt strenge Vorschriften für ihre Haltung. Wenn du beispielsweise einen Kaiman oder einen Alligator als Haustier halten möchtest, musst du dich an das zuständige Landesamt für Naturschutz wenden und eine Ausnahmegenehmigung beantragen.
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass du eine solche Genehmigung erhältst, da Krokodile in der Regel nicht als domestizierte Tiere angesehen werden. Ihre Haltung kann für Menschen und die Umwelt gefährlich sein kann.
Ähnlich sieht es in Amerika aus. In den USA finden sich ebenfalls strenge Vorschriften für die Haltung von Krokodilen. Krokodile sind in einigen Bundesstaaten der USA als Haustiere verboten, während in anderen Bundesstaaten spezielle Genehmigungen oder Lizenzen erforderlich sind. Somit kann auch dort nicht jeder einen Kaiman oder einen Alligator einfach so erwerben.
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Könnten Alligatoren längere Zeit im New Yorker Abwasser überleben?
Das gilt als unwahrscheinlich. Dafür haben Wissenschaftler diese Begründungen:
- Alligatoren sind Süßwasser-Echsen und brauchen sauberes Süßwasser, um zu überleben. Das Abwasser ist jedoch voller Schadstoffe und Chemikalien – somit wäre dieser “Cocktail” für die Krokodile zu giftig.
- Jede Art von Krokodil braucht eine gewisse Menge an Platz und Freiraum, um sich fortzupflanzen und den Nachwuchs aufzuziehen. Das wäre in einer Abwasser-Umgebung nicht möglich.
- Der Untergrund wäre für die Reptilien zu kalt und schattig. Alligatoren benötigen viel Wärme, da sie Kaltblüter sind.
- Krokodile würden in der Kanalisation wahrscheinlich zu wenig zum Essen finden. Speisereste und Ratten sättigen große Tiere höchstwahrscheinlich nicht.
Kleine Tierkunde: Krokodile vs Alligatoren vs Kaimane
Die Begriffe “Krokodil”, “Alligator” und auch “Kaiman” werden oft synonym verwendet. Aber stecken dahinter wirklich die gleichen Tiere? Ja und Nein. Hier ein kurzer Exkurs, der die Unterschiede aufzeigt:
Alligatoren, Krokodile und Kaimane sind alle Vertreter der Familie der Krokodilier. Sie gehören zu den ältesten noch lebenden Dinosaurier-Relikten. Allerdings gibt es einige Unterschiede zwischen diesen Tieren:
- Alligatoren siehst du nur in Nord- und Mittelamerika in der freien Natur. Krokodile und Kaimane kommen dagegen auf vielen Kontinenten vor, beispielsweise in Afrika, Asien, Australien und Südamerika.
- Alligatoren haben eine breitere und flachere Schnauze als Krokodile, die eine spitzere und längere Schnauze aufweisen. Kaimane haben eine Schnauze, die irgendwo dazwischen liegt.
- Alligatoren sind in der Regel kleiner als Krokodile, aber länger als Kaimane. Krokodile werden bis zu sieben Meter und Kaimane etwa drei Meter lang.
- Alligatoren haben kurze, rundliche Zähne, die nicht über die Kiefer hinausragen. Krokodile besitzen lange, spitz zulaufende Zähne, die über ihre Kiefer gehen. Kaimane haben ebenfalls lange, spitz zulaufende Zähne, die aber nicht so lang sind wie bei Krokodilen sind.
- Alligatoren haben eine grünliche Haut, während Krokodile und Kaimane eher eine braune Färbung aufweisen.
- Gut zu wissen: Alligatoren sind in der Regel weniger aggressiv als Krokodile und Kaimane. Deshalb greifen sie seltener Menschen an.
Wie gefährlich sind Krokodile?
Nehmen wir an, es würden wirklich Krokodile im Untergrund von New York leben, zum Beispiel in den oft vermuteten Abwasserkanälen. Und nehmen wir ebenso an, die Alligatoren würden auf Menschen treffen – beispielsweise auf Kanalarbeiter. Wäre diese Begegnung gefährlich für den Homo Sapiens? Müsste er um sein Leben fürchten?
Jein! Es ist sehr selten, dass Alligatoren Menschen angreifen und fressen. Die Reptilien sind in der Regel scheu und vermeiden den Kontakt mit unserer Spezies. In den meisten Fällen, in denen Alligatoren Menschen angegriffen haben, waren die Tiere entweder bedroht, sie wurden gereizt, sie hatten sich an menschliche Nahrungsquellen gewöhnt oder sie sahen Menschen als potenzielle Nahrung an.
Es gibt jedoch einige Fälle, in denen Menschen von den Krokos angegriffen und getötet wurden. Um die Wahrscheinlichkeit von Alligatorenangriffen zu minimieren, sollte man sich von diesen Tieren fernhalten und sie nicht provozieren.
Das heißt: Laufe nicht in dunklen Subway-Schächten oder in der Kanalisation herum – falls es dort doch irgendwann mal Alligatoren geben sollte. Sicher ist sicher!
New York und sein Tierleben
Auch wenn keine größeren Kroko-Populationen in und unter Manhattan leben, so kannst du dort trotzdem allerlei interessante Tiere sehen. Zum Beispiel gibt es in der New Yorker Bucht Whale-Watching-Touren und an den Küsten wurden auch schon mehrfach große Haie gesichtet. Im Central Park kannst du auf Birdwatching gehen und allerlei bunte Vögel beobachten. Dann gibt es auch noch die Squirrels – die bekannten Rotohr-Eichhörnchen und Grauhörnchen, die in zahlreichen Parks umherspringen.
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In den Haushalten leben auch zahlreiche prächtige Tiere, darunter sind aber kaum Exoten. Warum? Laut dem New Yorker Stadtrat sind exotische Tiere “alle Arten von Tieren außer Hunden, Katzen, Meerschweinchen, Kaninchen, Hamstern, Vögeln, Fischen, Schildkröten und Nagetieren”. Dies bedeutet, dass es illegal ist, ungewöhnliche Tiere wie Primaten, Krokodile, Schlangen, Spinnen und andere wilde Tiere in NYC zu halten. Dafür hausen zirka 500.000 Katzen und 600.000 Hunde in den heimischen vier Wänden der Metropole, so Schätzungen.
Und außerhalb der Stadt – im Staat New York – sind Koyoten sehr verbreitet. Über 20.000 soll es von den Wildhunden geben.
Bild: Pixabay
Jürgen ist seit seinem vierten Lebensjahr verliebt in New York. Die pulsierende Metropole lässt ihn seitdem nicht mehr los. Auf NEW YORK GEHEIMTIPPS empfiehlt er besondere Locations abseits des Tourismus-Mainstreams und gibt wichtige Ratschläge für Reisende.
Sehr origineller Beitrag – bei meinem nächsten N.Y.-Trip werde ich der Tierwelt mehr Beachtung schenken!
Wirst du dann auf Crocodile Watching gehen? 😉